Und dennoch: Gibt es da nicht etwas in ihrem Werk, das offensichtlich, aber nicht leicht beschreibbar, als österreichisch zu identifizieren ist? Ich formuliere das bewusst als eine offene Frage.
 
Liegt womöglich in diesem spezifisch Österreichischen auch eine der Wurzeln ihrer Besonderheit? Österreichisch meint für mich z.B. die tiefe Verwurzelung ihrer Kunst in der Malerei und - nicht zu trennen davon - in der Zeichnung, die im übrigen Katherine David auf der vergangenen documenta X mit Recht ins Zentrum des Fridericianums gehängt hatte (!), nahe dem 'Atlas' von Gerhard Richter und damit als Inspirationsquelle und bildnerischen Schau- und Kampfplatz zugleich kennzeichnete! Die Zeichnung und die Malerei stehen bei Lassnig gleichberechtigt nebeneinander. In beiden Medien bestimmt sie die Auseinandersetzung, in beiden werden die Pfade gelegt, die aus dem Persönlichen, dem Privaten ins Öffentliche drängen, direkt hinein in die Entblößung mit und durch Malerei, die uns hier beschäftigen wird.
 
Nicht vergessen sollten wir hier noch einmal den Hinweis auf ihre Filme, die Zeichentrickfilme und Videoarbeiten, die - soweit ich das beurteilen kann - sehr starke körperliche Bezüge er- und verarbeiteten und die wieder einmal zu zeigen sehr verdienstvoll wäre!