Charakteristisch für ihr Werk - fast könnte man sagen als ein 'basso continuo' - ist der selbstreflektorische Blick auf die sichtbare und gestalterische Erscheinung des Körpers des Ichs und dies offensichtlich in unlösbarer Verbindung von Physis und Psyche. Der Körper, ihr eigener Körper wird für Maria Lassnig Träger und Gefäß vielschichtiger und deshalb nie eindeutig lesbarer Emotionen. Sie wir dieses Thema nie mehr loslassen, welche Verwandlungen der Körper auch immer in dem langen Schaffensjahren durchmachen wird. Ihn verwandelt sie in Malerei und sich selbst damit zugleich, denn es ist (fast) immer der eigene Körper, manchmal expressis verbis, manchmal im Verborgenen in zum Tier verwandelter Gestalt.
 
Es ist nicht wie z.B. bei Alberto Giacometti oder Francis Bacon der Körper des anderen, des Freundes, des Gegners, des Fremden, des Modells, nein, Maria Lassnig schaut schonungslos auf und in sich selbst. Sie scheut nicht zurück vor drastischen Posen, vor Verzerrungen und - fast möchte man sagen - Verstümmelungen des eigenen Ichs.
 
„als ich in meiner malerei müde wurde, die natur analysierend darzustellen, suchte ich nach einer realität, diem mehr in meinem besitz wäre, als die außenwelt und fand als solche das von mit bewohnte körpergehäuse, die realste realität am deutlichsten vor, ich hatte ihr nur gewahr zu werden...“ (1970) Es ist dabei offensichtlich 'aber' (habe ich aber gesagt?) ein weiblicher Blick, der - wie es Peter Gorsen einmal formulierte: „eindeutig sexualsymbolische Projektionen des Mannes erst gar nicht an sich heranlässt. Die Selbstdarstellungen ziehen sich bewusst auf die körperliche Ebene der weiblichen Erfahrung zurück, wo die männliche Kompetenz höchst fragwürdig wird.“ (in Kat. DAAD, Berlin 1978). Der Mann bleibt in ihren Bildern ausgeschlossen; er muss es ertragen, nicht gefragt zu werden oder als selbstzerstörerisches Wesen zu erscheinen, wie in „Mann, sich entzweischneidend“, 1986.