Ich werde es mir zur kleinen Gewohnheit machen, Sie, liebe Frau Lassnig hin und wieder selber zu Wort kommen zu lassen, denn Sie gehören zu jenen, die sich zu Recht nicht alleine auf die Kritiker oder gar die Kunsthistoriker verlassen, sondern sich immer wieder selber zu Wort gemeldet haben, wenn auch meist manchmal nur in der Verborgenheit Ihres im übrigen mehrsprachigen Tagebuches (deutsch, französisch, englisch und kärntnerisch(?), das nun seit 2000 endlich veröffentlicht vorliegt.
 
Die Kritiker sind ohnehin meist erst im Nachhinein klüger oder kommen erst in der nachhaltigen Reflexion zu ihren Erkenntnissen und definieren diese dann mit dem gemeinhin schwammigen aber nichts desto trotz notwendigen Begriff der Qualität. Qualität, ein Begriff übrigens, den Werner Schmalenbach bekanntlich schon vor Jahrzehnten in einem seiner wichtigsten Vorträge einmal einen 'verteufelten' genannt hat - in des Wortes doppelter Bedeutung: Zum einen, weil 'Qualität' im schnellen Wechsel der Moden und 'Gesänge' von der jeweils neuesten Generation - der Avantgarde - wie man früher sagte - 'verteufelt' wird;
 
Zum anderen, weil sich die Beurteilungskriterien naturgemäß aus der Betrachtung und Analyse des Vorhandenen und damit aus den älteren Erfahrungsschichten herleiten (quod erat demonstrandum) und deshalb 'verteufelt schwer' zu definieren sind, weil sich so etwas, wie eine wirklich objektive Bestimmung dessen, was Qualität in der Kunst ist, nicht herstellen lässt, auch 'oder selbst' von Werner Schmalenbach nicht, was ihm - wie uns - zuzugeben nicht leicht fällt. Einigen wir uns darauf, dass wir es mit einem Schatz an Erfahrung zu tun haben müssen, um einen eigenen glaubhaften Qualitätsbegriff zu definieren, Irrtum eingeschlossen, aber immer seltener auftretend. Der Kölner Dada prägte eine schöne Begründung - leider keiner Person zuzuschreiben - dafür, was Kunst und damit Qualität sei, nämlich „die Ausdauer der Hinterbliebenen.“ Als Historiker, der letztlich einen längeren Atem haben muss, gefällt mit diese Definition!
 
Nun, wir haben es also dennoch hier mit einem zu ehrenden Kunst- und Lebenswerk einer Künstlerin zu tun, das den meisten der zu Bestimmung der Qualität heran zu ziehenden Kriterien entspricht. Soviel steht fest!