Der Kunsthistoriker kann nicht umhin, auf eine spezifisch österreichische Stimmungslage hinzuweisen, die sich an Werken von Maria Lassnig Landsmännern (Ja nur Männern!) nachweisen ließe:
 
An Eugen Klimts elegant versnobten und zugleich degeneriert dekorativen Gestalten,
an Egon Schieles raffiniert verkrampfte Akte, - beispielhaft an den Paarbildern Oskar Kokoschkas,
offensichtlich an den Fratzen- und Körperübermalungen Arnulf Rainers,
demonstrativ an den Orgien- und Mysterienspielen und ihren Relikten von Hermann Nitsch,
verspielt an den surrealistisch zersplitterten Körpern Christian Ludwig Attersees,
und erschreckend realistisch an den Selbstverstümmelungsfotografien Rudolf Schwarzkoglers,
den sadomasochistischen Phantasien von Günther Brus und den Werk und Wirklichkeit verschwimmen lassenden Aktionen von Otto Mühl.

So unterschiedlich sie auch sein mögen, alle verweisen auf die Vorliebe der Österreicher vorzugsweise sich aber auch andere demonstrativ körperlich und seelisch preiszugeben.
 
Wo in aller Welt findet man eine so dichte Reihe von Künstlern wieder, die sich in fast jeder Hinsicht körperlich wie bildnerisch so verausgaben und das auf so hohem künstlerischen Niveau und das - mit Ausnahmen der vier erstgenannten - fast zur gleichen Zeit, wie im Nachkriegsösterreich und z.T. heute noch oder im manchmal notwendig gewordenen Exil?